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Change killt Unternehmen nicht – ignorierte Unsicherheit schon!

February 27, 2025

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Stefan Schulz

Nach einem Jahr intensiver Vorbereitung war es so weit: Die Führung eines mittelständischen Unternehmens hatte Strategien entwickelt, Workshops geplant und die Transformation bis ins kleinste Detail durchdacht. Der große Tag der Präsentation sollte der Auftakt zu einer neuen Ära sein. Alles war vorbereitet – außer die Menschen, die es betraf.

Als die Führungskräfte auf die Bühne traten, um ihre Vision zuverkünden, erwarteten sie Aufbruchsstimmung. Doch was sie stattdessen sahen, ließ die Energie im Raum augenblicklich kippen: verunsicherte Blicke, verschränkte Arme, eisiges Schweigen. Die Euphorie der Führung verpuffte – als hätte jemand den Ton abgedreht.

Eine bedrückende Stille erfüllte den Raum. Veränderung war angekündigt – doch sie fühlte sich nicht wie ein Neuanfang an, sondern wie einSchock.

Was dann geschah, war ein langsames, aber unaufhaltsames Zerbröckeln der Veränderung. Die anfängliche Stille wich einer unsichtbaren, aber spürbaren Distanz. Mitarbeitende zogen sich zurück – nicht lautstark, sondern still und resigniert. Gespräche in den Kaffeeküchen wurden leiser, Blicke wichen einander aus. Während einige in Zynismus flüchteten und die Veränderungen ins Lächerliche zogen, begannen andere, innerlich zu kündigen. Ihr Engagement verblasste, ihre Motivation verdampfte.

Die Führungskräfte, anfangs voller Überzeugung, spürten, wie ihnen die Kontrolle entglitt. Sie sahen es – aber sie wussten nicht, wie sie es aufhalten konnten. Die Unsicherheit, die sie nicht adressiert hatten, kehrte nun mit voller Wucht zurück. Ein lähmendes Gefühl der Machtlosigkeit machte sich breit.

Verzweifelte Managerin am Tisch, die realisisert, dass die im Transformationsprojekt ihre Mitarbeitenden verliert.
Bildquelle: Canva Pro Team Lizenz - Timur Weber von Pixels

Dann kamen die ersten Kündigungen. Leise, aber entschieden. Wertvolle Talente kehrten dem Unternehmen den Rücken. Die Stimmung schlug endgültig um. Schließlich blieb dem Management keine andere Wahl, als Teile der Transformation zurückzunehmen. Doch zu welchem Preis? Was als ambitionierter Aufbruch gedacht war, endete als teurer Fehlschlag – finanziell, kulturell und emotional.

Perfekte Pläne, fatales Scheitern: Warum Change an Unsicherheit zerbricht.

Der eigentliche Fehler lag nicht in der Strategie, sondern in der völlig unterschiedlichen Wahrnehmung von Zeit. Während das Management über Monate hinweg an der Transformation gefeilt hatte, war für die Belegschaft alles neu – und das auf einen Schlag. Für die Führungskräfte war es der krönende Moment eines langen Prozesses. Für die Mitarbeitenden? Ein plötzlicher Bruch mit der gewohnten Realität.

Was als gut durchdachter, strukturierter Wandel geplant war, fühlte sich für die Belegschaft an wie eine Welle, die sie unvorbereitet überrollte. Ein Tsunami der Veränderung – ohne Vorwarnung.

Die Führung machte einen klassischen Denkfehler: Sie glaubte, dass ein ausgeklügelter Plan und eine perfekte Strategie genügen würden. Doch sie vergaßen das Wesentliche – Veränderung ist kein reines Managementprojekt. Sie ist ein zutiefst menschlicher Prozess, geprägt von Emotionen, Ängsten und der Sehnsucht nach Orientierung.

Widerstand? Nein – ein Hilferuf, den die Führung oft überhört


Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. In den Tagen und Wochen nach der Präsentation flammten Unsicherheit und Sorgen auf. „Was heißt das für mich?“, fragten sich viele. „Werde ich meine Position behalten? Meine Routine? Mein Ansehen? Oder bedeutet diese Veränderung am Ende, dass ich meinen Platz verliere?“

Doch nicht nur die Zukunft des Unternehmens machte Angst – auch die eigenen Fähigkeiten wurden plötzlich infrage gestellt:

 

Bin ich dieser Veränderung überhaupt gewachsen?

Eine Mitrabeitetin mit einem HELP Schild in der Hand, als Ausdruck dafür, dass die im Change überfordert ist und Hilfe benötigt
Bildquelle: Canva pro Teamlizenz - Nuttawan Jayawan,  Getty Images.

Dieser innere Widerstand entsteht nicht aus Trotz oder Böswilligkeit, sondern aus einer zutiefst menschlichen Reaktion: Angst vor dem Unbekannten. Wer das ignoriert, erzeugt nicht weniger, sondern mehr Widerstand. Doch statt diese Unsicherheit offen anzusprechen, wird sie in vielen Unternehmen totgeschwiegen – mit vorhersehbaren Folgen: Misstrauen wächst,Veränderungsbereitschaft schwindet, und die Menschen ziehen sich zurück.

 

Wenn selbst die Führung zögert – wer soll dann Sicherheit geben?


Change-Prozesse sind nicht nur für Mitarbeitende herausfordernd – sie bringen auch Führungskräfte an ihre Grenzen. Sie stehen zwischen zwei Fronten: Von oben kommt der Druck, die Transformation voranzutreiben, von unten prallen sie auf Unsicherheiten, Ängste und Widerstände ihrer Teams. Viele erleben dabei einen inneren Zwiespalt:

Wie soll man Sicherheit ausstrahlen, wenn man selbst Zweifel hat?

Denn auch Führungskräfte sind Menschen. Sie müssen sich mit neuen Rahmenbedingungen, steigenden Erwartungen und oft auch mit der eigenen Angst vor Veränderung auseinandersetzen. Doch ihr Rollenverständnis erlaubt oft keine Schwäche. Stattdessen versuchen sie, diese Unsicherheit zu überspielen – mit fatalen Folgen.

Manche neigen dazu, noch härter durchzugreifen, um Kontrolle zu demonstrieren. Andere ziehen sich zurück und vermeiden die Auseinandersetzung. Beides hat Konsequenzen: Das Team spürt die Unsicherheit, das Vertrauen schwindet, und die Orientierung geht verloren. Denn wenn selbst die Führung zögert – wer gibt dann Sicherheit?

 

Ein überforderter Manager, der von inneren Konflikten im Change gestresst ist.
Bildquelle: Canva pro Teamlizenz-milan-radulovics

 

Unbehandelte Unsicherheit: Der schleichende Tod jeder Veränderung.

Unklarheit, Zweifel und innere Widerstände sind kein temporäres Problem – wenn sie nicht aktiv angegangen werden, hinterlassen sie langfristige Spuren im Unternehmen. Zunächst macht sich die Unsicherheit subtil bemerkbar: Die Produktivität sinkt, das Engagement schwindet, erste Leistungsträger beginnen, sich innerlich zurückzuziehen.

Mitarbeitende verlassen das Unternehmen – nicht immer sofort, aber sobald sich eine bessere Gelegenheit bietet. Wertvolles Wissen geht verloren, die Unternehmenskultur erodiert. Gleichzeitig bleibt das Misstrauen für kommende Veränderungen bestehen:

Wer einmal erlebt hat, dass seine Unsicherheiten ignoriert wurden, wird sich beim nächsten Wandel erst recht verschließen.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: 80 Prozent aller Change-Projekte scheitern nicht an schlechten Strategien, sondern an mangelnder Begleitung der Unsicherheit. Und das ist kein Zufall. Denn unbehandelte Unsicherheit wirkt wie ein schleichendes Gift – sie zerstört Vertrauen, blockiert Fortschritt und hinterlässt Unternehmen, die sich wundern, warum ihre gut geplanten Veränderungen immer wieder scheitern. 

Change gelingt nur, wenn Unsicherheit aktivgemanagt wird!

Der Schlüssel zu erfolgreichem Wandel liegt nicht in der Eliminierung von Unsicherheit – sondern in ihrem bewussten Management. Unsicherheit ist kein Fehler im System, sondern eine natürliche Reaktion auf Veränderung. Wer sie ignoriert, erntet Widerstand. Wer sie versteht, kann sie in produktive Bahnen lenken.

Doch Unsicherheit ist nicht gleich Unsicherheit. Aus Expertensicht lassen sich drei zentrale Formen unterscheiden:

Sachliche Unsicherheit: Menschen verstehen nicht, was die Veränderung konkret bedeutet. Was ändert sich? Warum jetzt? Wie betrifft es mich?
→ Lösung: Frühzeitige, transparente Kommunikation. Klare Antworten statt vager Ankündigungen. Eine Change-Story, die Sinn macht.

Fähigkeitsbezogene Unsicherheit: Mitarbeitende zweifeln an ihren eigenenKompetenzen. Werde ich den neuen Anforderungen gerecht? Kann ich mithalten?
→ Lösung: Schulungen, Coachings, Mentoring. Ein Umfeld, in dem Fehler erlaubt sind und Lernen als Teil des Wandels verstanden wird.

Emotionale Unsicherheit: Menschen fürchten den Verlust von Stabilität, Kontrolle oder Zugehörigkeit. Wie verändert sich mein Platz im Unternehmen? Was passiert mit meinen Kollegen?
→ Lösung: Führungskräfte müssen Sicherheit geben – nicht durch starre Gewissheiten, sondern durch Vertrauen, Offenheit und psychologische Sicherheit.

Diese Unsicherheiten verschwinden nicht von selbst. Sie müssen aktivadressiert werden – durch klare Kommunikation, gezielte Qualifizierung und eine Führung, die nicht nur Zahlen im Blick hat, sondern auch die Menschen dahinter.

Studien zeigen, dass Mitarbeitende im Schnitt drei bis sechs Monate benötigen, um sich auf eine größere Transformation einzulassen. Je früher sie informiert und einbezogen werden, desto weniger Platz bleibt für Spekulationen, Misstrauen und Widerstand. Denn Unsicherheit ist kein Feind des Wandels – sie ist eine Chance, wenn man sie richtig managt.

Die Praxis zeigt, wie entscheidend es ist, Unsicherheit aktiv zu begleiten:

In einem Unternehmen, das mitten in einer großen Restrukturierung steckte, sorgte vor allem die emotionale Unsicherheit für Blockaden. Fachlich waren die Mitarbeitenden bestens aufgestellt, doch die Angst vor Statusverlust und veränderten Hierarchien lähmte den Wandel. Erst durch gezielte 1:1-Coachings konnten diese Ängste abgebaut werden – der Change nahm an Geschwindigkeit auf, und die Teams fanden eine neue Dynamik.

 

Unsicherheit professionell begleiten – oder mit den Folgen leben.


Change ist nicht nur eine strukturelle, sondern vor allem eine persönliche Herausforderung. Und Unsicherheit verschwindet nicht durch PowerPoint-Präsentationen oder Strategie-Workshops – sie braucht Raum, um verarbeitet zu werden. Deshalb ist professionelle Begleitung auf individueller Ebene ein entscheidender Erfolgsfaktor.

Es braucht zwei Ebenen der Begleitung:

Interne Change-Coaches und Führungskräfte: Sie geben Orientierung im organisatorischen Wandel, übersetzen Strategie in greifbare Maßnahmen und helfen Teams, sich auf neue Prozesse einzustellen. Doch sie sind Teil des Systems und können nicht immer die Tiefe individueller Ängste auffangen.

Externe Personal- und Business-Coaches: Sie bieten einen neutralen Raum, in dem Betroffene ihre Sorgen offen ansprechen können – ohne Angst vor Bewertungen oder Konsequenzen. In 1:1-Sessions helfen sie, innere Blockaden zu erkennen und aufzulösen, damit Veränderung nicht als Bedrohung, sondern als Möglichkeit wahrgenommen wird.

Durch gezielte Reflexion, Methoden wie systemisches Coaching, NLP oder EMDR, und die Arbeit an individuellen Stärken schaffen sie die mentale Grundlage für einen erfolgreichen Change.

Der größte Hebel liegt nicht in Strategien, sondern in den Menschen, die sie umsetzen.

Wer Change erfolgreich gestalten will, muss deshalb nicht nur Strukturen verändern, sondern auch Sicherheit in den Köpfen und Herzen der Mitarbeitenden schaffen. Und das gelingt nur, wenn sie die Chance bekommen, ihre Unsicherheiten zu bearbeiten – mit professioneller, individueller Begleitung.

 

Ein Team gibt nach erfolgreicher Transformation ein High Five.
Bildquelle: Canva Pro Team Lizenz poeple_images von getty images

Fazit: Unsicherheit ist keine Schwäche – sie ist der Schlüssel zu echtem Change.


Change scheitert nicht an Strategien – er scheitert daran, dass Unsicherheit ignoriert wird. Denn Unsicherheit ist kein Problem, das es zu beseitigen gilt, sondern eine natürliche Reaktion, die gestaltet werden muss. Unternehmen, die das verstehen, hören auf, Widerstand zu bekämpfen, und beginnen, ihn zu entschlüsseln.

Der Schlüssel zu erfolgreichem Wandel liegt darin, Menschen Raum zu geben, ihre Unsicherheiten zu reflektieren und in etwas Konstruktives zu verwandeln. Wer Change nur als strukturelle Aufgabe sieht, wird ihn auf halbem Weg verlieren. Doch wer erkennt, dass echte Transformation in den Köpfen und Herzen der Menschen beginnt, schafft nachhaltige Veränderung.

Deshalb braucht Change mehr als Ziele und Meilensteine. Er braucht ehrliche Kommunikation, psychologische Sicherheit und individuelle Begleitung. Wer den Wandel erfolgreich gestalten will, muss sich eine zentrale Frage stellen:

💡Wie geht dein Unternehmen mit Unsicherheit um? Wird sie ignoriert – oder aktiv adressiert?

Denn nur wenn Unsicherheit nicht nur toleriert, sondern bewusst bearbeitet wird, kann aus Widerstand Offenheit werden – und aus Angst die Bereitschaft, Neues wirklich anzunehmen.

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